Methode ''Rauschbrillen''
Inhalte/Stichworte | Sozialform | Material |
Die Rauschbrille soll den Einfluss des Alkohols auf Körper und Sinne simulieren (= nüchtern erleben, wie sich Alkohol auswirkt!). Dies soll für die TN durch den zu bewältigenden Parkour erlebbar werden. Ziel ist die Verbindung und die Reflexion des emotional Erlebten und dem kognitiv erarbeiteten Wissen (= Selbst- /Fremdgefährdung, Diskussion zu Alkohol im Straßenverkehr). |
Gruppenarbeit, Einzelübung, Diskussion im Sesselkreis, erlebnisorientierte Übung als „door-opener“ für Diskurs und Auseinandersetzung |
Rauschbrille 0,8‰, (leicht lösbares) Klebeband, kleiner Ball, Flipchartbogen/ kleine Schachtel, Stift, Behälter/ Eimer, Flipchart/ Tafel, Folien/ PPT zu Promilleauswirkung und -kalkulator |
Vorbereitung:
Am Boden wird durch eine Klebebandlinie ein Weg markiert, je nach Möglichkeit zw. 3-5 m. In der Mitte der Linie wird eine „Hürde“ eingebaut durch ein gefaltetes (möglichst benutztes) Flipchart-Papier oder eine kleine Schachtel, etc. Am Ende der Linie wird ein Ball gelegt. Weiters wird ein Behälter/Eimer rechts neben dem Ball in ca. 50-80 Abstand aufgestellt und/oder links neben der Linie ein Blatt Papier mit mehreren Kreisringen (vgl. Zielscheibe) aufgezeichnet und angebracht (z.B. auf Wand oder Flipchart).
Anleitung:
Der/Die TR erklärt, wie dieser Parkour mit der Rauschbrille bewältigt werden soll: Ein/e TN stellt sich an den Linienstart, die Rauschbrille wird aufgesetzt, der Linie folgend losgegangen und das Hindernis überwunden (ohne es zu berühren!). Am Ende mit gestreckten (!) Beinen den Ball aufheben und in den Behälter/Eimer werfen und/oder den Ball in die Mitte der Zielscheibe schießen. Danach die Brille abnehmen und weitergeben.
Zu Beginn der Übung soll ein/e freiwillige/r TN gefunden werden, welche/r den Parkour ohne Rauschbrille bestreitet. Dies soll verdeutlichen, wie einfach diese Übung für TN im „nüchternen“ Zustand ist und zeigt einen vergleichbaren Unterschied zu den darauf folgenden Erfahrungen mit der Rauschbrille, auch in Bezug auf die anschließende Aufarbeitung/Reflexion. Jede/r TN soll nach dem Parkour überlegen, welche Erfahrungen in Bezug auf die Beeinträchtigung durch Rauschbrille und Alkohol gemacht wurden.
Wichtig: Die TN dürfen (müssen aber nicht!) teilnehmen. Alle TN sollen gut beobachten und einschätzen lernen, welchen Einfluss die Rauschbrille auf das Verhalten des/der zu beobachtenden TN nimmt. Fragen werden erst im Anschluss beantwortet!
Nachbereitung:
Im Anschluss daran werden entweder per Zuruf die Erfahrungen mit der Rauschbrille am Flipchart/an der Tafel gesammelt oder 4-5 Gruppen gebildet, wobei die Kleingruppe zunächst ihre Erfahrungen reflektieren und dann im Plenum einbringen sollen. In beiden Fällen wird im Plenum auf die Statements seitens des/der TR eingegangen, Wissenswertes vermittelt und Fragen geklärt.
Hinweis:
Normaler Weise stehen Einwände gegen den Grad der vorgetäuschten Beeinträchtigung (0,8‰) im Mittelpunkt, dem kann entgegengehalten werden: Garantie des Herstellers, sofortige Wirkung erlebt (vs. langsam vor sich hin trinken), keine geistige Beeinträchtigung, normalerweise wird nicht auf Linie balanciert etc.
Hilfreiche Fragen zur Reflexion:
- Wie habe ich persönlich die Rauschbrille erlebt?
- Was konnte ich bei anderen TN beobachten?
- Auf welche Sinne hat die Rauschbrille einen Einfluss gehabt und wie wurde dieser Einfluss persönlich wahrgenommen und erlebt? (= Feinmotorik, Optik, Nähe-Distanz)
- Wo habe ich Einschränkungen gemerkt?
- Welche Grenzen habe ich wahrgenommen bzw. wo bin ich über Grenzen gegangen?
- Welche Beeinträchtigungen habe ich auf körperlicher und geistiger Ebene festgestellt?
- Wo sehe ich Ähnlichkeiten zu Rauscherfahrungen in meinem Umfeld bzw. Auffälligkeiten bei FreundInnen und Bekannten?
Aufarbeitung:
Hilfreich dazu sind auch Folien über die Auswirkungen durch verschiedene Blutalkoholwerte (z.B. 0,1 bis 0,5 ‰ bzw. 1,0 bis 2,0 ‰) und die Frage, wovon es z.B. abhängt, wie viel Promille jemand im Blut hat (z.B. Unterschied von Mann und Frau, siehe online Promillekalkulatoren).
10 Gebote des Alkoholkonsums: Nach der vorangegangenen Reflexion ergibt sich zumeist ein Abbild der Gruppe, was konkrete Fragen, Einstellungen und Haltungen betrifft. Um einen für das Thema dienlichen Abschluss zu finden, kann es hilfreich sein eine Art „10 Gebote des Alkoholkonsums“ zu erarbeiten. Wonach die TN aus ihren Erfahrungen der Beeinträchtigung und möglichen Schwierigkeiten daraus, Gebote formulieren können. D.h. worauf können sie in Zukunft beim Konsum von Alkohol achten, so dass sie ein positives Rauscherlebnis für sich und ihre FreundInnen/Bekannten erleben können.
Varianten:
Je nach Verfügbarkeit von Zeit und Material kann der Parcours erweitert oder umgebaut werden: z.B. durch
- eine längere Strecke,
- Zeitlimits (d.h. Druck erzeugen, damit die Irritation größer ist),
- unterschiedliche Hindernisse zusätzlich,
- TN sollen sich an einen Tisch setzen, wo diese z.B. Bauklötze oder Zündholz-/Federschachteln „türmen“ sollen,
- einen bestimmten Betrag (z.B. 1,20 Euro aus 4 Münzen wie 1 und 2 Euro bzw. 20 und 50 Cent finden) aus Münzen vom Boden aufsammeln (vgl. Geld fällt vorm Zigarettenautomat aus der Hosentasche) und auf den Tisch legen.
weitere Infos zu den Rauschbrillen aus der Infomappe www.rauschbrillen.de
Über die Rauschbrillen
Bei der Arbeit mit den Rauschbrillen ist es wichtig, viele Möglichkeiten der Beeinträchtigung zu thematisieren. So gibt es häufig schon bei sehr geringer Alkoholkonzentration im Blut erhebliche Einschränkungen der Wachsamkeit und des Reaktionsvermögens. Auch können verschriebene Medikamente, zusammen mit geringen Alkoholmengen, eine Rauschwirkung verursachen.
Die betäubende Wirkung des Alkohols bewirkt neben der motorischen Einschränkung eine eingeschränkte Wahrnehmung.
Das führt dazu, dass Konsequenzen nicht mehr wahrgenommen und einschätzt werden können. (Diese Erfahrung wird von jedem bestätigt, der einmal Videoaufnahmen von eigenem Rauscherleben betrachten konnte.
Die Wirkung kann man sehr gut an der Reaktion der Zuschauer erkennen: Sie haben nämlich den Eindruck, tatsächlich angetrunkene bzw. berauschte Personen zu sehen.
Das ist natürlich oftmals ziemlich witzig. Wichtig ist jedoch bei aller Komik,
Noch ein paar Worte zum Thema Sicherheit:
Manche Personen reagieren sehr sensibel auf die Rauschbrille, andere spüren sehr viel weniger.
Wichtig ist, dass Sie darauf achten, wie es der Übungsperson geht und Sie auch mal nachfragen ob es ihr zu schwindelig wird.
Im Zweifelsfall ist es immer besser, die Brille noch mal abzusetzen und eine Pause zu machen, bzw . ganz aufzuhören.
(Näheres zum Thema Sicherheit finden Sie in der mitgelieferten Anleitung).
Die folgende Übersicht zeigt die durch die Medizin festgestellten negativen Alkoholwirkungen entsprechend der jeweiligen Blutalkoholkonzentration: Beeinträchtigende Wirkung von Alkohol | |
0,2 ‰ | Bereits 0,2 ‰ beeinflussen die manuelle und kognitive Leistungsfähigkeit, lassen die Risikobereitschaft ansteigen, verschlechtern die Wahrnehmung. |
ab 0,5 ‰ | Ab 0,5 ‰ lässt die Konzentration und Aufmerksamkeit nach, wird die Reaktionszeit verlängert, nimmt die Selbstüberschätzung zu. |
ab 1,0 ‰ | Ab 1,0 ‰ ist die Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt, wird das Blickfeld verengt (Tunnelblick), treten Gleichgewichtsstörungen auf. |
Viele Rauschbrillen-Tester sind erstmal überrascht. Vermutlich werden Sie oft zu hören bekommen: „So betrunken war ich aber noch nie….“.
hen, erinnert oft so gar nicht an die Erlebnisse, die man selber beim Alkoholtrinken hatte.
Sie können diesem Zweifel aber mit starken Argumenten begegnen:
Natürlich sieht man Dinge im alkoholisierten Zustand nicht genau so, wie mit der Rauschbrille. vergleichbar ist aber die Wirkung auf den Körper:
Ich bin nicht mehr ganz so sicher auf den Beinen, merke, dass alles verlangsamt ist. Der große Unterschied ist jedoch: hier kriege ich mit, dass alles weniger gut läuft.
Wenn ich betrunken bin ist mein Köper immer auch ein wenig betäubt - das heißt, ich kriege Dinge auch ganz anders mit. Die Wirkung kann man sehr gut an der Reaktion der Zuschauer erkennen: Sie haben nämlich den Eindruck, tatsächlich angetrunkene bzw. berauschte Personen zu sehen.
Übung: Klinischer Nüchternheitstest / “Auf der Linie Laufen”
Impulsfragen:
Gab es Situationen, in denen Du Dich schon mal so gefühlt hast?
Was fiel besonders schwer?
Wie unterscheiden sich die Reaktionen mit und ohne diese Brille?
Warum ist es wichtig, das zu wissen?
Was würdest Du denken, wenn Du jemanden auf der Strasse sehen würdest, der sich so verhält?
Übung:
Gegenstand aufheben (z.B. Geldstück)
Übung:
Der zweite Nüchternheitstest ist das Stehen auf einem Bein. Das andere Bein wird mit ca. 30 cm Abstand vom Boden nach vorne gestreckt. Mit Blick auf den ausgestreckten Fuß wird jetzt gezählt: “ einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig...bis ca. 25 Sekunden vergangen sind. Ein nüchterner Mensch sollte diese Übung problemlos bewältigen können.
Übung Fang die Bälle
Lassen Sie die TeilnehmerInnen Ihnen gegenüber einen oder mehrere kleine Bälle mit einer Hand auffangen, ohne andere Körperteile zu Hilfe zu nehmen. Diese Übung eignet sich auch für Partnerübungen in Gruppen. Die Rauschbrille kann dann im Wechsel benutzt werden.
Übung:
Die TeilnehmerInnen sollen verschiedene kleinere Gegenstände vom Boden aufheben. Zu diesem Zweck wird z.B. mit Tesakrepp ein quadratisches Feld auf den Boden geklebt und einige (8-9) kleine Dinge in das Feld gelegt und verteilt. Die TeilnehmerIn soll nun zunächst ohne und anschließend mit der Rauschbrille alle Teile in eine Curver Box einsammeln. Wichtig die Kleinteile müssen einzeln eingesammelt werden und dürfen nicht zusammengerauft werden. Mit Brille benötigen die TeilnehmerInnen dann meist zwei- bis dreimal so viel Zeit für die Aufgabe.
Hier wird besonders deutlich, wie durch die Rauschbrille die Bewegungen verlangsamt werden.
Material: Kleinteile wie Büroklammern, Stifte, Zahnstocher, Schlüsselchen, Münzen usw. eine Plastik-Box zum Einsammeln, Stoppuhr und Klebeband.
IMPULSFRAGEN
> War das schwierig für dich?
> Hättest du erwartet, dass du so viel länger brauchst mit Brille ?
> Kannst du dich an ähnliche Situationen erinnern, in denen du betrunken warst?
Konzept
Rauschbrillenaktionen lösen in der Regel schon bei der Ankündigung gespannte, neugierige Erwartung aus. Dieses positive Grundinteresse und die damit verbundene erhöhte Aufmerksamkeit der TeilnehmerInnen wird von uns dazu genutzt, vor der Aktion in Seminarform Informationen zur Alkoholprävention zu geben und das Thema Rausch zu bearbeiten.
Zugleich nutzen wir die Anfangssituation für unsere Vorstellung als AnleiterInnen. Hierbei deuten wir unsere Expertenschaft für Sucht- und Rauschthemen an. Danach fragen wir die Anliegen bzw. Hauptfragen der TeilnehmerInnen zu diesem Themenbereich ab. Anonymisierte Fragekarten (Moderationskarten), von den SchülerInnen / Azubis in die Raummitte gelegt, haben sich als Methode bewährt. In dieser Anfangssituation wird mit den TeilnehmerInnen ein Kontrakt geschlossen, der die Planung für die Phasen der Gruppenaktion vorstellt und verabschiedet.