Beichte und Buße
Im alltäglichen Leben können sich Menschen auf unterschiedliche Weise verlieren: durch Gewohnheiten, in Details, aufgrund der Auseinandersetzung mit Standpunkten und Meinungen. Zudem verlieren sie oft die Beziehung untereinander und auch andere wesentliche Prioritäten aus den Augen.
Diese Vernachlässigung von Beziehungen führt zu Konflikten und Verletzungen, die darin enden können, dass Menschen sich kaum noch aushalten oder gar nicht mehr ansehen wollen. Solche Erfahrungen des Bruches im Miteinander stellen uns vor die Frage, wie Versöhnung und Heilung überhaupt geschehen und eine Perspektive für die Zukunft auftun (können).
Die eigene Verlorenheit (an)erkennen
Am Beginn steht das nicht immer leichte Eingeständnis, den Weg zueinander verloren zu haben. Wer diese Verlorenheit erkennt, kann sich auch damit auseinandersetzen, wie es dazu kam und welche Wege zu erneuerter Beziehung führen könnten. In seiner Verkündigung charakterisiert Jesus Gott als einen, der das Verlorene nicht aus den Augen verliert, sondern im Blick behält und ihm nachgeht. Wer sich selbst in der Verlorenheit wiederfindet, darf sich darin dennoch von Gott gesehen und gefunden wissen.
Das eigene Versagen aussprechen
Bevor Vergebung geschenkt und angenommen werden kann, braucht es die Möglichkeit, das eigene Versagen benennen und aussprechen zu können. Eine solche Aussprache verlangt einen vertraulichen Rahmen, in zwischenmenschlichen Beziehungen ebenso wie in der Gottesbeziehung. Geschieht dieses Bekennen der eigenen Schuld in einem Beichtgespräch, bleibt der Inhalt durch das sogenannte Beichtgeheimnis geschützt, was nochmals unterstreicht, dass der Priester in diesem Moment Gott zu Wort kommen lässt als den, der den Menschen in seiner Schuld nicht alleine lässt, ihm zuhört und nicht bloßstellt.
Die Zusage der Vergebung annehmen
Vergebung können wir uns nicht selbst schenken, sie wird uns zugesagt und findet mitunter auch in Zeichen Ausdruck, etwa im Reichen der Hände, einer Umarmung. In der Beichte geschieht diese Zusage durch den Priester mit den Worten: „So spreche ich dich los von deinen Sünden im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Solche vergebende Los-Sprechung bedeutet, die Last des Geschehenen nicht mehr mittragen zu müssen und durch das Geschenk der Vergebung befreit weitergehen zu können.
Die Wunden heilen (lassen)
Manchmal verursachen Konflikte tiefe Wunden. Dann Vergebung zu erfahren, kann geradezu das Bedürfnis auslösen, aktiv zur Heilung von Verwundungen beizutragen. Eine Möglichkeit dazu bietet eine Buße, die im Rahmen des Beichtgesprächs mit dem Priester vereinbart wird als eine Anregung, beschädigten Beziehungen wieder Zukunftsfähigkeit zu geben. Doch auch abseits des Bußsakramentes empfehlen sich derartige Impulse, die einerseits die Dankbarkeit für die empfangene Versöhnung und Vergebung deutlich machen und dabei andererseits die entstandenen Wunden nicht einfach ignorieren, sondern zu deren Heilung beitragen.
Text von
H. Vitus Glira
Jugendseelsorger OÖ
Februar 2022